Immobilienmärkte „arbeiten sich hoch“ – das Terrain bleibt holprig

Image of Downtown Frankfurt 25. Juni 2025
  • Wirtschaftswachstum: Rückenwind auch durch Strukturverbesserungen für den Standort Deutschland
  • Immobilieninvestmentmarkt: Noch überwiegt die Vorsicht, Aktivitäten nehmen aber zu
  • Büroflächenmarkt: Kleiner, aber feiner

Frankfurt am Main, 25. Juni 2025 – Für das Jahr 2025 wird beim deutschen Bruttoinlandsprodukt erneut ein Nullwachstum erwartet – damit zum dritten, aber scheinbar auch zum letzten Mal. Dazu Christian Ströder, Director Market Intelligence bei Avison Young in Deutschland: „Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland wird von der neuen Regierung tatsächlich angegangen. Die konjunkturell expansiven Auswirkungen der Maßnahmen dürften sich ab 2026 deutlich im gesamtwirtschaftlichen Wachstum zeigen.“

Wirtschaftswachstum: Anschub in Arbeit

Nicolai Baumann, Country Manager Deutschland von Avison Young: „Die im Prozess befindliche Verbesserung der wirtschaftspolitischen – gerade der längerfristigen – Rahmenbedingungen wird zu einer größeren Entscheidungsfreude bei Unternehmen und Investoren führen. Davon werden auch die Immobilienmärke profitieren, denn hier haben die meisten Entscheidungen einen mittel- bis langfristigen Charakter.“ Viele der beschlossenen und angekündigten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung und machen der Wirtschaft bereits Hoffnung auf Rückenwind, was sich in der Verbesserung der Erwartungskomponenten verschiedener Stimmungsindikatoren – etwa dem ifo-Geschäftsklima, dem ZEW-Index, oder den Einkaufsmanagerindices – widerspiegelt. „Die Richtung stimmt also, bleibt zu hoffen, dass es sich auch so fortsetzt. Wichtig ist dabei, dass Europa, Deutschland und weitere Partner in einer Weise eng zusammenarbeiten, dass beispielsweise geopolitische Unruheherde eine möglichst nur begrenzte Wirkung entfalten können“, so Baumann.

Geo- und handelspolitische Entscheidungen, etwa der USA, führen seit einigen Monaten zu großer Verunsicherung bei Unternehmen und Investoren. Die hohe Rechtssicherheit hierzulande, das Finanz- und Investitionspaket in Infrastruktur, Klimaschutz und Verteidigung oder die Drehscheibenfunktion Deutschlands in der Logistik rücken Deutschland vermehrt in den Fokus von Investitionen. „Laut GTAI ist trotz Handelskonflikten und Zollankündigungen durch die USA das Interesse am Standort Deutschland bei ausländischen Direktinvestitionen auch in den ersten Monaten 2025 groß geblieben“, erläutert Ströder.

Jochen Völckers MRICS, Geschäftsführer und Leiter Capital Markets Deutschland bei Avison Young: „Jedes fünfte, international tätige Unternehmen nutzt Deutschland als Produktions- oder F&E-Standort. Ein aktueller Trend ist die Wiederbelebung von Investitionen in der Fertigung sowie in Forschung und Entwicklung. Auch an diesem Trend wird die Immobilienwirtschaft partizipieren.“

Bei vielen bereits ansässigen multinationalen Unternehmen machen Expansionen einen bedeutenden Teil ihrer Investitionen aus. 2024 haben ausländische Firmen Investitionen in Höhe von 23,2 Milliarden Euro getätigt bzw. angekündigt - das ist mehr als in den drei Jahren 2019 bis 2021 zusammen. Auch der FDI Confidence Index® 2025 für ausländische Direktinvestitionen, der diejenigen Länder zeigt, die in den nächsten drei Jahren die wahrscheinlich höchsten Investitionen anziehen werden**, konnte Deutschland weltweit den 5. Rang behaupten.

Immobilien-Investmentmarkt: Weiterhin ein Hürdenlauf, aber der nimmt langsam Fahrt auf

Während in anderen Ländern die Immobilienmärkte schneller eingebrochen sind, dann aber auch zügiger und deutlicher aufgeholt haben, verläuft die Preisanpassung hierzulande schleppend.

Sehr aktiv zeigen sich Investoren in höheren Risikoklassen. Private Equity beispielsweise zielt mit opportunistischem Preferred Equity-Strukturen auf Internal Rates of Return (IRR) von mindestens 15 Prozent. Johann Mikhof, Director Investment bei Avison Young: „Dabei spielen diese Akteure, etwa Family Offices, ihren Geschwindigkeitsvorteil und ihre größere Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt aus. Bei strukturierten Verkaufsprozessen, die inzwischen vereinzelt wieder vorkommen, legen Bieter mit belegtem Eigenkapital – wie erwähnt Family Offices – deutlich höhere Faktoren, als Interessenten ohne hinterlegtes Eigenkapital. Equity-Käufe sind bei Opportunitäten häufiger anzutreffen.“

Auch im Value-Add Segment mit einer erwarteten IRR von mindestens 10 Prozent ist viel Bewegung, während im Core-Segment noch wenig passiert, so dass es nur wenige Benchmarks-Deals gibt. Während Großabschlüsse eher selten stattfinden, findet das Gros der Deals im small- und mid-cap Bereich statt (meist unter 50 Millionen Euro).

„Im Fokus des gewerblichen Immobilienmarktes stehen Grundstücke, Projektentwicklungen in Schieflage, Light Industrial- sowie Logistik-Objekte. Einige der Käufer von ´gestrandeten Immobilien´ sind allerdings involvierte Finanzierer, die auf diesem Wege ihr Engagement aktiv zu einem guten Ergebnis führen wollen. Institutionelles Kapital ist derzeit vergleichsweise schwach vertreten, demgegenüber sind Investment- bzw. Asset Manager mit starker Eigenkapitalausstattung sehr aktiv“, so Völckers. Und Mikhof weiter: „Doch der Verkaufsdruck auf Eigentümerseite ist vielfach noch nicht hoch genug, um sich auf Preisabschläge einzulassen, die mehr Käufer anziehen würden. Da dies umso mehr für sehr große Deals gilt, wirkt sich das auf das erreichbare Investmentvolumen aus. Der unsichere Exit ist aus Investorensicht ein weiteres Kaufhindernis – nicht nur bei Projektentwicklungen, sondern auch bei Bestandsgebäuden.“

Der Finanzierungsmarkt belebt sich peu à peu, bleibt jedoch eingeschränkt. Alternative Finanzierungsquellen gewinnen weiter an Bedeutung. Im Wege weiter steigender Non-performing Loan (NPL)-Bestände bei den Banken könnte mehr Investmentprodukt auf den Markt kommen – dessen Verwertung wäre dann oftmals herausfordernd. Als Käufer kämen primär solche mit einer hohen Risikoaffinität und aktiven Wertschöpfungsstrategien in Frage.

„Insgesamt sollten die Transaktionsvolumina im Jahr 2025 die des Vorjahres erneut übersteigen. Investoren-Umfragen zeigen eine grundsätzlich hohe Attraktivität Deutschland als Investment-Ziel, und spiegeln ihre Absicht, mehr zu investieren als im Vorjahr“, so Völckers in seinem Ausblick.

Büroflächenmarkt: Weniger, aber besser

Obwohl bei der Prognose der Beschäftigtenzahlen in den Big-5-Märkten für die Bürobeschäftigten ein stärkeres Wachstum erwartet wird als für die Gesamtbeschäftigung, bedeutet das nicht zwangsläufig auch eine steigende Büroflächennachfrage. Im Gegenteil – das hybride Arbeiten hat sich etabliert, viele Unternehmen und Institutionen werden beim Auslaufen ihres Mietvertrages ihre Büroflächen noch quantitativ schrumpfen: Das ifo-Institut hat erhoben, dass knapp 70 Prozent der befragten Firmen in Deutschland die Auslastung ihrer Büroflächen als angemessen einschätzen, während 26 Prozent sie als zu gering ansehen. Eine Reduzierung der Büroflächengröße ist bei jedem achten Unternehmen geplant. Bei Großunternehmen plant dies rund jedes fünfte, bei kleinen und mittleren Unternehmen nur jedes elfte.

Michael Kubik, Head of Office Leasing bei Avison Young in Deutschland: „Qualitativ zielen viele Nutzer jedoch auf eine Verbesserung – hinsichtlich Lage (Erreichbarkeit, Umfeld), Objekt (Energie-Effizienz, Eigentümer-Engagement), und Flächen (Grundriss-Flexibilität, Ausstattung). Entsprechend steigen die Leerstände weiter an.“

„Bewertet“ man den aktuellen Büroflächenleerstand mit der jeweiligen Durchschnittsmiete in den Big-5-Büromärkten Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München, ergeben sich Leerstandskosten im Sinne entgangener Einnahmen in Höhe von fast 165 Millionen Euro pro Monat beziehungsweise 2 Milliarden Euro jährlich. Verglichen mit dem ersten Quartal 2020 bedeutet das eine Verdreifachung. Aus Eigentümersicht in Zeiten lahmender Konjunktur, reduzierter Flächenabsorption, hoher Baukosten, restriktiver Finanzierungsbedingungen und unsicherer Exits besonders herausfordernd, die Kosten zu senken beziehungsweise die Objekte wieder auf den Markt zu bringen.

„Im Ergebnis werden nicht alle Büroobjekte von heute in fünf oder zehn Jahren auch noch Büroobjekte sein. Wo eine Umwandlung in andere Nutzungsarten nicht infrage kommt – etwa dann, wenn in schwachen Lagen eine wirtschaftliche Miethöhe nicht erzielt werden kann – und Funktionsverluste größeren Umfangs persistieren, könnte eine Art ´kleiner Stadtumbau´ inklusive Rückbau einiger Objekte eine Möglichkeit sein“, so Kubik.

Fazit: Das Kaugummi löst sich nicht so schnell – zunächst zieht es sich noch

„Für den Immobilienmarkt bedeuten die beschriebenen Entwicklungen eine fortgesetzt zähe Erholung – mit hoher Volatilität: Viele Investoren, die nunmehr seit vielen Quartalen an der Seitenlinie stehen, betreten immer öfter das Spielfeld, da die Preise in vielen Marktsegmenten voraussichtlich nicht weiter sinken werden“, so Baumann. „Andere Investoren fallen im Gegensatz zu früheren Jahren als Nettokäufer nahezu aus, wenn aufgrund der Situation in ihrem Risiko- und Liquiditätsmanagement eher die Objektverwertung pressiert. Für die Spitzenrenditen wird eine Seitwärtsbewegung erwartet, während die Finanzierungskosten leicht zunehmen dürften.

Für den Büroflächenmarkt bedeuten die Prozesse auf Nutzerseite (hybrides Arbeiten, Budget-Limits, Scheu vor langfristigen Entscheidungen) eine quantitativ weiterhin eingeschränkte Dynamik, mit positiven „Spitzen“ im Verlauf (Rekord-Mieten im Top-Segment, vereinzelt große Anstiege der Vermietungsvolumina ausgehend von sehr niedrigen Niveaus), aber auch negative Resultate wie hartnäckig hohe Leerstände; daraus wiederum ergeben sich Investment-Möglichkeiten, etwa bei der Repositionierung einzelner Objekte oder ganzer Areale. Kommunen könnten sich hier aktiver einbringen.

Die Spitzenmieten in den meisten Bürohochburgen sollten weiter steigen, nicht zuletzt aufgrund der limitierten Angebotsseite im Top-Segment bei weiterhin klarer „flight-to-quality“-Nachfrage verschiedener Nutzergruppen. Auch außerhalb dieses Marktsegments dürften in einigen Büroteilmärkten die Mieten (weiter) steigen und die Incentives begrenzt bleiben, während andere Lagen mit erhöhten Incentives und sinkenden Nominalmieten zu kämpfen haben. Die Leerstände bleiben insgesamt erhöht, mit den beschriebenen Ausnahmen.

** Der Index hat diesbezüglich eine hohe Prognosegüte. Quelle: Kearney, April 2025.

Grafiken zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland:

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